Beiträge von Tintenfisch

    [...] Es ist kein Vorwurf an den Richter oder den Staatsanwalt, man hat halt gemerkt das die mir nichts böses wollen, tagessätze bei einer Verurteilung wären maximal 20 Tagessätze gewesen xD die Summe die ich zahle ist wirklich ein gutes Essen im Restaurant... ich meinte auch, sollen diese GTLs als Schulungszwecke dienen oder sonst was. Den Deal haben sie mir NUR angeboten wenn ich komplett auf Schadenersatz verzichte. Das war der Hauptgrund. Es macht mich traurig da ich so gesehen nichts gewonnen habe , außer ein Minus im Geldbeutel.

    Immerhin. Ist auch meine Erfahrung. Dass Richter einen in die Pfanne hauen wollen, ist schon angesichts von Berufung und Revision eher unwahrscheinlich.


    Dennoch ist es aus Sicht eines vom Wahrheitsermittlungsgrundsatz geleiteten Strafrechts ein Armutszeugnis. Alleine dass ein Bürger vor Gericht erscheinen muss, das keine vollumfassende Kenntnis der Sach- und Rechtslage hat, ist aus rechtsstaatlicher Sicht eine Anmaßung. Für eine Einstellung nach § 153a Abs. 2 StPO gibt es nur zwei Gründe:

    1. Das Gericht kennt die Rechtslage nicht. Es ist derzeit nicht sicher, ob der Angeklagte schuldig oder nicht schuldig wäre, aber es ist jedenfalls vorab schon der Ansicht, dass die angebliche Tat ohnehin nicht besonders relevant wäre (die Bestimmung erfordert sowohl fehlendes öffentliches Interesse als auch, dass die Schuld - wenn sie denn vorläge - nicht schwerwiegend ist).
    2. Das Gericht zweifelt grundsätzlich daran, ob ein Schuldspruch in Frage kommt, Klassiker ist der fehlende Vorsatz. Hier wird die Norm in der Praxis durchaus schon mal dazu genutzt, um keinen Freispruch begründen zu müssen, denn der könnte von der Staatsanwaltschaft mit Rechtsmitteln angegriffen werden. Ein Missbrauch der Norm ist das nicht, aber eleganter bzw. gerechter wäre – aus Sicht des Rechtsstaats – dass man dann freispricht, weil Strafprozesse wie erwähnt auf einem Wahrheitsermittlungsgrundsatz basieren und keine Handelsware sind.


    Hauptsache, es ist nun gut für Dich ausgegangen :) Großes Lob für das Durchhalten.

    Weil ich selbst rechtskundig bin, kann ich das recht gut bewerten - wenngleich ich die Akte natürlich nicht kenne. Danke zunächst für Deinen Beitrag und dass Du bis zuletzt drangeblieben bist.


    Die Einstellung erfolgte hier wohl gegen Auflagen gemäß § 153a Abs. 2 StPO. Hier ist wichtig zu wissen, dass damit weder ein Schuldeingeständnis noch eine Schuldfeststellung verbunden ist, der Strafvorwurf hat sich damit erledigt. Weil auch im Falle eines Freispruches in Berufung oder Revision Anwaltskosten bei dem Angeschuldigten/Angeklagten hängen bleiben, machen Betroffene – wie Du – auch häufig davon Gebrauch. Das ist verständlich und ich persönlich würde es vermutlich auch in Betracht ziehen.


    Letztendlich zeigt diese Schilderung der Verhandlung, wie überfordert Amtsgerichte (ich nehme jetzt mal an, es war das Amtsgericht) mit komplexeren Rechtslagen sind. Es verwundert daher auch nicht, dass dieses Angebot der Einstellung kam. Denn die Alternative wäre ein Freispruch gewesen oder ein Urteil, das entsprechend umfangreich begründet werden müsste, um die angebliche Straftat bzw. die Schuld zu beweisen und das mit Garantie in die Berufung gegangen wäre. Damit wäre die ganze Arbeit wertlos gewesen, weil die Berufung im Strafrecht (anders als im Zivilrecht) ein völlig neuer Prozess ist.


    Allen im allem (kein) Einzelfall, der stellvertretend für noch viel mehr Einzelfälle steht, in denen normale Bürger auf überforderte Gerichte treffen, die blind Anklagen von Staatsanwaltschaften zulassen und dann feststellen, dass es so einfach doch wieder nicht ist. Eigentlich sollte das Gericht vorbereitet sein. Ist es das nicht, verstößt es damit eklatant gegen den Anspruch auf den gesetzlichen Richter: denn nur das Gericht darf über Schuld und Unschuld entscheiden, nicht die Staatsanwaltschaft, nicht der Verteidiger, nicht der Angeklagte. Es ist allein der Richter. Wenn der aber kein Profi in der Sach- und Rechtslage ist, dann herzlichen Glückwunsch, gut gemacht. Ihr Pfeifen.

    Darf ich fragen, gibt es hier bereits eine Anklageschrift (Anklageerhebung)? Eine geschwärzte Version (sensible Informationen) wäre hier sehr interessant und wichtig, um das als Außenstehender besser bewerten zu können.


    Ich würde auf jeden Fall durchhalten, denn das Geld haben die Anwälte nun schon gekostet und Du hast auch die Möglichkeit der Berufung (und danach auch Revision), die in der Regel zur Strafminderung führt, falls Du denn überhaupt zu einer relevanten Strafe verurteilt werden solltest.